Diesen Rahmen skizzierte gleich zu Beginn die Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf mit der Frage: „Wie wollen wir leben in dieser Stadt?“ Die Antwort darauf müsse immer wieder neu ausgehandelt, neu gegeben werden. Denn das Leben in der Stadt ist im Fluss. Panta rhei – alles fließt. Und was sei besser geeignet als die Kunst, um miteinander ins Reden, ins Diskutieren, aber auch ins Streiten zu kommen, um diese Aushandlungen zu initiieren, gab die Dezernentin den Zuhörern zu bedenken. Es war eine rhetorische Frage.
Einen kleinen Vorgriff auf die Zukunft erlaubte sich dann Kirsten Klehn von den Stadtentwicklern Plan2, indem sie die Potentiale dieses innerstädtischen Kleinods anschaulich machte, Potentiale, die heute noch weitgehend brachliegen.
Aber Entwicklung bedeutet nicht für alle das Gleiche. Verschönerungen, wie sie für den Weißekreuzplatz und auch die anderen beiden der sogenannten „bahnhofsnahen Plätze“ geplant sind, führten ja oft zur Vertreibung derer, die ohnehin keinen Platz hätten, mahnte Ulla Neubacher, Kunsttherapeutin bei der Diakonie. Doch auch Obdachlose lebten in dieser Stadt und hätten ein Recht auf Stadt und deshalb wolle sie im Zuge von Workshops mit Wohnungslosen auch deren Vorstellungen zum innerstädtischen Leben in das Projekt und damit in die Diskussion einbringen. Hier auf dem Weißekreuzplatz. Panta rhei, alles fließt.
Wie das gelingen kann, deutete zum Schluss die Künstlerin Kerstin Schulz an, die Projektleiterin und -Initiatorin, die erst im letzten Jahr mit dem Projekt Ob(D)Acht auf dem Georgsplatz für Aufsehen sorgte. Und zwar mit den Mitteln der Schwarmkunst. Deren Ziel ist es ohnehin, alle zu beteiligen, zu einem gemeinsamen Wirken zu bringen, auch (frei nach Heraklit) Auseinanderstrebendes zu verbinden. Je mehr Schwärmer sich zum gemeinsamen Kunstschaffen finden, desto schöner werde das (Schwarm-) Kunstwerk sagte Schulz.
So wie die Schwarmkunst könnte auch die Stadt von einer breiten Beteiligung profitieren. Doch hier liegen ebenfalls noch Potentiale brach, bleiben doch viele Menschen vom städtischen Dialog ausgeschlossen, werden sogar aus dem öffentlichen Raum vertrieben. Davon konnte Peter Wefer aus eigener Erfahrung berichten, aus der dunklen Zeit seiner Obdachlosigkeit. Doch dieser öffentliche Raum gehöre schließlich allen, mahnte er und machte als ein maßgebliches Übel den Alkohol aus.
An dieser Stelle schaute denn doch so mancher Zuhörer am Rande des Platzes etwas verschämt über sein Wein- oder Bierglas. Aber dann sagte Peter ja diesen Satz: „Wer sich kennenlernt, lernt sich auch verstehen“. So ging man es denn auch an und kam ins Gespräch. Und so soll es auch weitergehen in den nächsten zwei Monaten, jeden Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag, immer von 16 bis 20 Uhr auf dem Weißekreuzplatz, beim gemeinsamen Knüpfen von (Schlauch-) Verbindungen.
Und dann hieß es „Wasser marsch!“.